Am 5. August 1984 sorgte Pepi Reiter mit Bronze in Los Angeles für Österreichs erste Olympia-Medaille im Judo. Heute blickt der 55-Jährige zurück und schildert, dass er sich zunächst alles andere als gefreut hat.
Die großen Momente im Leben fühlen sich nicht immer auch schön an. Zumindest nicht auf den ersten Blick.
So könnte die Moral von Pepi Reiter lauten, der 30 Jahre später noch genau weiß, wie er sich kurz nach dem Gewinn der Olympia-Bronzenen gefühlt hat: „Ich war wütend, habe mich geschämt.“
Seine Mannschaftskameraden wollten den 65-kg-Mann beim Verlassen der Mattenfläche in die Höhe heben, ihn hochleben lassen – doch nicht mit Pepi. Der wollte davon erstmals gar nichts wissen.
Gegen den „Feschak“
Reiter war im Kampf um Bronze dem Italiener Sandro Rosati gegenübergestanden. „Ein Feschak“, erinnert sich der heute 55-jährige Landwirt mit einem Schmunzeln.
Der Südländer und der Mühlviertler waren einander nicht unbekannt. „Ich hatte schon in Paris und bei einer Freundschaftsbegegnung gegen ihn gekämpft, jedes Mal klar gewonnen.“ Genau das sorgte jedoch für Probleme. „Ich war mir deshalb zu siegessicher“, verrät er rückblickend.
Das Bronze-Match verlief dann nämlich ganz anders, als sich Reiter das vorgestellt hatte. „Er ging immer aus der Kampffläche raus, verpisste sich. Heute würde er dafür raufgestraft werden, damals war das noch erlaubt.“
Möglichst japanisch
Die Minuten verstrichen und der Österreicher, der eine Entscheidung erzwingen wollte, wurde immer unachtsamer. Beinahe hätte sich das gerächt. „20 Sekunden vor Schluss wäre ich fast ein Koka gefallen. Dann wäre alles dahin gewesen.“
So aber musste das Hantei die Entscheidung bringen. „Ich war mir sicher, dass der japanische Hauptkampfrichter auf die Etikette achten würde, deshalb habe ich mich möglichst japanisch hingestellt und versucht, möglichst flach zu atmen, um möglichst nicht angestrengt zu wirken.“ Ob das beim Hauptkampfrichter tatsächlich den Ausschlag gegeben hat, weiß er bis heute nicht, doch sowohl der Japaner, als auch einer der beiden Außenrichter gaben Reiter ihr Votum.
„Um ehrlich zu sein, hätte es wahrscheinlich auch genauso gut anders herumgehen können. Ich habe ja in meiner Karriere einige Partien als besserer Kämpfer verloren, aber in diesem Moment hat einer auf mich heruntergeschaut.“ Drei Tage später holte Peter Seisenbacher Gold bis 86 kg.
Nicht auf die harte Tour
Bis sich bei Reiter die Freude über den größten sportlichen Erfolg seiner Karriere einstellte, dauerte es etwas. Zu groß war die Wut auf sich selbst. „Weil ich wegen so einer Dummheit fast den Kampf und die Medaille verloren hätte.“
Diese Lektion des Demuts ist heute – 30 Jahre später – noch immer irgendwo spürbar. Auf das er diese damals aber nicht auf die harte Tour lernen musste, stoßt er mit seiner Marianne mit einem Glaserl Wein an.
Denn im Nachhinein fühlen sich die großen Momente des Lebens dann doch schön an.