Es ist knapp drei Wochen her: Als bei der Judo-EM in Montpellier (FRA) der topgesetzte Matthias Casse (BEL), hochdekorierter Medaillensammler, Nummer 2 der Welt in der Kategorie bis 81 kg, erstmals seit vier Jahren bei einer EM wieder ohne Edelmetall blieb und Fünfter wurde. Eine seiner beiden Niederlagen in Frankreich fügte ihm der Oberösterreicher Wachid Borchashvili im Viertelfinale zu – und zwar nach einer wahren Marathonschlacht und insgesamt 11:25 Min. Kampfzeit. Samstag, den 25. 11., kommt’s beim Bundesliga-Final-Four in Gmunden zum erneuten Aufeinandertreffen (Semifinale ab 13, Finale ab 17:30, off. Eröffnung um 17:00 – ab 17:00 live in ORF 1) Wachid, 25, jagt mit seinen zwei Brüdern Shamil und Kimran nach dem zweiten Bundesliga-Mannschaftsmeistertitel für LZ Multikraft Wels (nach 2021), dem ersten vor ausverkauftem Haus, und der erfolgsverwöhnte Belgier verstärkt Rekordmeister UJZ Mühlviertel, bevor er – wie auch die Borchashvilis – zum Grand-Slam nach Tokio (2./3.12.) weiterfliegt.
Es passierte buchstäblich fünf Minuten vor zwölf Uhr, sprich Mitternacht. Unmittelbar vor Nennschluss für das Bundesliga-Final-Four setzte Vize-Meister UJZ Mühlviertel einen letzten Namen auf die Kaderliste – und zwar einen ganz exklusiven: Matthias Casse, 26, Superstar. Der Belgier stürmte in den letzten Jahren von Erfolg zu Erfolg: Mit Olympia-Bronze, 1 x WM-Gold, 3 x WM-Silber, sowie 2 Masters- und 4 Grand-Slam-Siegen ist der 26-Jährige hochdekoriert. Mit Shamil Borchashvili stand er am 27. Juli 2021 gemeinsam als Dritter am Olympia-Podium von Tokio – gegen den älteren Bruder hält er bei 3:0-Siegen. Gegen Wachid, 25, musste er zuletzt in Montpellier „eine bittere Niederlage hinnehmen“. Sein Urteil: „Die Borchashvili-Brüder sind physisch extrem stark – gegen die gewinnt keiner im Vorbeigehen, man muss richtig kämpfen. Meine Niederlage gegen Wachid in Montpellier tat weh, war aber nicht unverdient.“
Mit dem Transfer-Coup rückt der Vizemeister gemäß Papierform auf eine Stufe mit den wiedererstarkten Welsern und Serienmeister M&R Galaxy Tigers. „Im Semifinale gegen Wels wird es auf die Tagesform ankommen, da ist jeder Ausgang möglich – knapp wird’s in jedem Fall“, glaubt Coach Martin Schlögl. Nachsatz: „Aber wenn wir wieder ins Finale kommen sollten, dann können wir auch Meister werden.“ Erst recht, wenn Matthias Casse und seine Legionärskollegen (Ex-Weltmeister Van T End/NED, -100, der zweifache WM-Dritte Marcus Nyman/SWE, -90) zur gewohnten Höchstform auflaufen.
Ebenfalls NEU: Serienmeister M&R Galaxy Judo Tigers, der in Gmunden den zehnten Jubiläumstitel holen könnte, verstärkt sich fürs Finale mit Karamat Huseynov (AZE/-60), seines Zeichens WM-Dritter 2021 in Budapest.
Die wichtigsten Zahlen und Fakten zum Final-Four Gumden 2023:
- Zeitlicher Ablauf: Beginn: 13 Uhr – mit den Semifinalpaarungen M&R Galaxy Judo Tigers/W – PSV Salzburg/S, UJZ Mühlviertel – LZ Multikraft Wels/beide OÖ, die off. Eröffnung steigt um 17 Uhr, die Finalbegegnung startet dann um 17:30 – live in ORF Sport +.
- Das Bundesliga-Finalturnier wird zum bereits 8. Mal (seit 2014) im Raiffeisen-Sportpark von Gmunden ausgetragen. Nicht weniger als siebenmal blieb Titelverteidiger M&R Galaxy Tigers siegreich, 2021 behielt LZ Multikraft Wels die Oberhand. Im Vorjahr entschied im Finale zwischen den Tigers und UJZ Mühlviertel – bei je 7 Siegen – die Unterwertung mit 70:64 Zählern für die Wiener, die ihren bereits 9. Titelgewinn feiern konnten. 2023 wäre für die Thomas-Haasmann-Schützlinge der 10. Jubiläumstitel möglich. Rekord-Titelträger ist UJZ Mühlviertel (bislang 11 x siegreich).
- Pro Begegnung werden zwei Durchgänge à sieben Kämpfe (in den olympischen Gewichtsklassen -60, -66, -73, -81, -90, -100, +100) ausgetragen. Bei Punktegleichheit zählt die Unterwertung (für einen Ippon-Sieg gibt’s zehn Zähler, für einen Erfolg mit Waza-ari werden sieben Punkte gutgeschrieben).
- Aufsteiger PSV Salzburg schaffte völlig überraschend den Sprung unter die letzten vier Teams (mit 2 Punkten Vorsprung auf Lokalrivale ESV Sanjindo Bischofshofen/S). Die Mozartstädter müssen ausgerechnet im Finalturnier auf ihre starken serbischen Legionäre Aleksandar Kukolj, -100, Vize-Weltmeister 2021, Dosen Bojan, -100, 5. beim Masters, 3. beim Grand-Slam in Antalya, Milan Radulj, -90, Dritter der Junioren-Weltrangliste, EYOF-Sieger und Bosko Borenovic, -90, verzichten. Am 25.11. steigt in Serbien ebenfalls die Mannschafts-Meisterschaft – das Quartett hat PSV-Coach Ronnie Tiefgraber bereits abgesagt. Seine Einschätzung für den 25.11.: „Wir dürfen uns erstmals seit 27 Jahren wieder eine Bundesliga-Medaille abholen. Das macht uns stolz. Wir werden gegen Galaxy vermutlich keine Chance haben. Unser Ziel: möglichst viele Siege – wenn geht: 3 oder 4 – zu sammeln.“
- Insgesamt 131 Bundesliga-Kämpfer wurden von den neun Vereinen in der Vorrunde eingesetzt, nicht weniger als 28 davon blieben bislang ungeschlagen. Die Rangliste wird von Bernd Fasching (M&R Galaxy Judo Tigers/W) mit 8 Siegen in 8 Kämpfen angeführt. Auf den Plätzen folgen Issa Naschcho (LZ Multikraft Wels/OÖ/7-1), Philipp Aust (PSV Salzburg/S), Florian Doppelhammer (UJZ Mühlviertel/OÖ) und der Weltranglisten-Erste (- 66 kg) Denis Vieru (MDA/M&R Galaxy Judo Tigers/W/jeweils 6-0). Verteilt auf die vier Finalisten verteilen sich die bislang ungeschlagenen Kämpfer wie folgt: M&R Galaxy Tigers 7 (Fasching 8 Siege, Vieru/MDA 6, Czizsek 5, Tsjkadoea/NED 4, Schalk 2, Mihovilovic, Wildner je 1), UJZ Mühlviertel 6 (Doppelhammer, Nyman/SWE je 6, Kanik 3, Van T End/NED 2, Allerstorfer, Huemer je 1), LZ Multikraft Wels 6 (Wachid Borchashvili, Ecker je 4, Cases Roca/ESP, Catharina/NED, Fara, Sipocz/HUN je 2) und PSV Salzburg 3 (Aust 6, Kukolj, Dosen/beide SRB je 2).
- Mühlviertel-Schwergewichtler Daniel Allerstorfer wird in Gmunden vom ÖJV-Nationalteam verabschiedet. Ob er kämpft, wird kurzfristig entschieden. Coach Martin Schlögl: „Wenn sich Dani am 25.11. gut fühlt, wird er antreten, falls nicht, werden wir diese Entscheidung natürlich akzeptieren. Ich habe ihm versprochen, dass wir ihn sicher nicht umstimmen oder unter Druck setzen wollen.“
- Er kommt. Er kommt nicht… Der traditionelle Aufstellungspoker – um die ÖJV-Nationalteam-Asse und die Legionäre – wird bis zur Abgabe der finalen Aufstellungen unmittelbar vor Kampfbeginn andauern. Ein paar Prognosen: Die Chancen, dass bei Wels alle drei Borchashvili-Brüder (Kimran, Shamil, Wachid) auflaufen, stehen durchaus gut. Erwartet wird auch das Antreten von Grand-Slam-Sieger Aaron Fara (Wels). Von internationaler Seite darf man u.a. mit dem Antreten von Doppel-Olympiasieger Lukas Krpalek (Galaxy), dem zweifachen WM-Dritten Marcus Nyman (UJZ) und dem früheren Junioren-Vize-Weltmeister Simeon Catharina (NED/Wels) spekulieren. Die serbischen PSV-Legionäre müssen ihren Team-Verpflichtungen in der Heimat nachkommen, ein paar andere internationale Top-Stars sind derweil schon frühzeitig Richtung Japan zum Grand-Slam nach Tokio unterwegs (2./3.12.).