Insgesamt 345 AthletInnen (136 Frauen, 209 Männer) aus 40 Nationen haben für die Judo-EM in Prag (ab Donnerstag) genannt, Österreich stellt ein 10-köpfiges Team. Minimalziel ist eine Medaille. Die größten Chancen werden dem gesetzten ÖJV-Trio Michaela Polleres, Magdalena Krssakova und Stephan Hegyi eingeräumt. Die Erfolgsbilanz der letzten Jahre klingt vielversprechend: Seit 2013 gab’s für Judo Austria nicht weniger als 2 Silber- und 7 Bronzemedaillen.
Bernadette Graf (sie ist nach ihrer COVID-19-Infektion noch nicht zu 100 Prozent fit), Mathias Czizek (Schulterverletzung) und Johannes Pacher (Seitenbandeinriss im Ellbogen) fehlen im ÖJV-Aufgebot. Sportdirektor Markus Moser bleibt dennoch optimistisch: „Auch wenn wir mit einem ersatzgeschwächten Team antreten müssen: Wir erwarten uns zumindest eine Medaille, im Idealfall sogar zwei.“ Die nackten Zahlen unterstützen seine Prognose: Österreich hat bei den letzten sieben EM-Auflagen immer zumindest eine Medaille gewonnen, in den letzten beiden Jahren sogar deren zwei. Die letzte rot-weiß-rote Nullnummer passierte 2012 in Tscheljabinsk/RUS (als Lupo Paischer – 60 kg als bester Österreicher Fünfter wurde).
Die Weltranglisten-Vierte Michaela Polleres (-70) zählt in Prag zum engsten Favoritenkreis, ist hinter den Französinnen Marie Eve Gahie und Margaux Pinot als Nummer drei gesetzt. „Der Gewinn der EM-Bronzemedaille vor zwei Jahren in Tel Aviv ist bis jetzt mein größter Karriere-Erfolg. Die Gratulationen der Teamkolleginnen und Kollegen, danach die Siegerehrung, das waren unglaubliche Glücksmomente. Szenen, an die ich sehr gerne zurückdenke“, erzählt die Niederösterreicherin. Für die bevorstehende EM stimmt die Formkurve: „Natürlich gibt mir der 3. Platz von Budapest und der Sieg gegen Gahie die Sicherheit, dass ich an einem guten Tag alle schlagen kann, auch die Weltranglisten-Erste!“
Stephan Hegyi (+100/in Prag als Nummer 8 gesetzt) hat bei den letzten beiden Titelkämpfen jeweils EM-Bronze gewonnen. „Mit dem 3. Rang in Tel Aviv habe ich erstmals gezeigt, dass ich in der allgemeinen Klasse mithalten kann. Die Wiederholung im Vorjahr in Minsk zählt für mich noch ein bisschen mehr, weil dort die Konkurrenz wesentlich stärker war.“ Mit seinen 22 Jahren ist Hegyi der jüngste im ÖJV-Team. „Aber ich bin erfahren genug, um zu wissen, dass ich trotz meines frühen Ausscheidens beim Grand Slam in Budapest konkurrenzfähig bin. Mein Bezwinger (Tamerlan Bashaev) hat den Finaleinzug geschafft, ist dort erst seinem russischen Landsmann Inal Tasoev unterlegen. Gegen beide hab‘ ich eine negative Head-to-Head-Bilanz. Sie sind technisch stark und entsprechend schwer auszurechnen.“ Nachsatz: „Ich arbeite daran, dass ich beim nächsten Mal die richtigen Antworten finde.“
Auch Magdalena Krssakova (-63/Nummer 7) fährt mit hohen Erwartungen zur EM. „Ich war nicht zufrieden mit Rang 7 in Budapest, hätte locker noch besser platziert sein können. Ich habe einfach zu viele taktische Fehler gemacht. Ich bin sicher, dass ich an einem guten Tag in Prag eine Medaille holen kann.“
Allein schon das Antreten von Sabrina Filzmoser darf als Erfolg gewertet werden – es ist ihre bereits 22. EM-Teilnahme. Nicht weniger als 9 Mal kehrte die Oberösterreicherin mit Medaillen zurück, zweimal als Europameisterin (2009, 2011). Die 40-jährige hatte Ende August beim Länderkampf gegen Deutschland einen Kreuzbandriss im rechten Knie erlitten und knapp 60 Tage später in Budapest ihr Comeback gefeiert. Um kämpfen zu können, muss sie ihr Knie zentimeterdick einbandagieren. „Mein Alltag besteht derzeit nur aus Judo-Training, Essen, Therapie, Schlafen“, erzählt die Ausnahmeathletin. Die gute Nachricht: „Das Knie hält. Ich habe praktisch keine Schmerzen mehr. Jetzt geht’s darum, wieder Wettkampferfahrung und Selbstvertrauen zu sammeln!“ Im Idealfall kommen dann auch Punkte für die Olympiaqualifikation dazu.
Die wichtigsten Fakten & Zahlen zum Thema EM:
- Die O2-Arena fasst normalerweise bis zu 18.000 Zuschauer – bei der EM sind keine Fans erlaubt.
- Alle TeilnehmerInnen (inkl. Betreuer) müssen sich mindestens 3 x vor Beginn der EM testen lassen (davon 1 x vor Ort). Hotel bzw. Wettkampfhalle dürfen nicht verlassen werden. Pro Tag und Team sind max. 4 BetreuerInnen zugelassen.
- Die meisten StarterInnen in Prag stellen Deutschland und Russland mit je 18 Aktiven.
- Bei den letzten zwei Auflagen gab’s für Österreich je 2 Bronzemedaillen: 2019 in Minsk (BLR) wurde Stephan Hegyi (+100) ebenso Dritter wie das ÖJV-Team, 2018 in Tel Aviv (ISR) holten abermals Hegyi (+100) und Michaela Polleres jeweils Bronze.
- Bei den letzten 7 Titelkämpfen durfte der ÖJV immer über zumindest 1 Medaille jubeln. Im ewigen Medaillenspiegel rangiert der ÖJV mit 136 Medaillen (26 davon in Gold) auf Rang 9. Leader: Frankreich (Gesamt: 596 Medaillen, 213 in Gold).
- Die zwei jüngsten Starter im Judo Austria-Aufgebot sind Wachid Borchashvili und Stephan Hegyi mit je 22 Jahren, die erfahrenste ist Sabrina Filzmoser (40 Jahre, 22. EM-Teilnahme – ihr Debüt feierte sie 1998 in Oviedo).
- Das größte Kontingent stellt OÖ mit 4 Judoka (Filzmoser, Allerstorfer, Shamil und Wachid Borchashivili), NÖ (Polleres, Fara, Reiter) und Wien (Krssakova, Bubanja, Hegyi) sind mit je drei Aktiven vertreten.
- Österreich setzt in der Kategorie bis 81 kg mit Shamil, 25, und Wachid, 22, auf ein Brüderpaar.
- Mit Sabrina Filzmoser (9 Medaillen: 2 x Gold/2 x Silber/5 x Bronze), Stephan Hegyi (2 x Bronze, 2019/2018) und Michaela Polleres (Bronze 2018) haben drei der 10 ÖJV-Judoka bereits EM-Edelmetall (in Einzelbewerben) geholt. Dazu gab’s letztes Jahr bei den Europaspielen in Minsk (BLR) auch Bronze im Teambewerb (da standen neben Filzmoser, Polleres und Hegyi auch Magdalena Krssakova, Daniel Allerstorfer, Shamil Borchashvili, Marko Bubanja und Lukas Reiter im ÖJV-Kader).
EM-Kader: -57 kg: Sabrina Filzmoser (LZ Multikraft Wels/OÖ), -63: Magdalena Krssakova (JC Sirvan/W), -70: Michaela Polleres (JC Wimpassing/NÖ); -73: Lukas Reiter (JC Wimpassing/NÖ), -81: Shamil und Wachid Borchashvili (beide LZ Multikraft Wels/OÖ), -90: Marko Bubanja (VB Galaxy Tigers/W), -100: Aaron Fara (JC Wimpassing/NÖ), +100: Daniel Allerstorfer (UJZ Mühlviertel/OÖ), Stephan Hegyi (S.C. Hakoah/W).
Zeitplan: Donnerstag, 19.11.: Frauen -48, -52, -57 (Filzmoser); Männer – 60, -66; Freitag, 20.11.: -63 (Krssakova), -70 (Polleres); -73 (Reiter), -81 (Shamil und Wachid Borchashvili); Samstag, 21.11.: -78, +78; -90 (Bubanja), -100 (Fara), +100 (Allerstorfer, Hegyi). Die Vorrunden beginnen jeweils um 10 Uhr, der Finalblock startet an allen drei Wettkampftagen um 16 Uhr. Siehe auch www.eju.net
Die Live-Übertragungszeiten in ORF SPORT +:
- Donnerstag, 19. November, 16.00-16.50 Uhr (live in der ORF-TVthek von 16.00 bis 18.20 Uhr)
- Freitag, 20. November, 16.35-17.50 Uhr (live in der ORF-TVthek von 16.00 bis 17.55 Uhr)
- Samstag, 21. November, 16.00-18.20 Uhr