26. März 2023

"Ein Geschenk Gottes!"

Noch fehlen Wachid Borchashvili, 24, Samstag mehr als überraschender Grand-Slam-Sieger in Tiflis (-81 kg), ein wenig die Worte. Es war erst sein drittes Turnier nach der Rückkehr in seine alte Gewichtsklasse und schon die zweite Top-Platzierung bei einem Grand-Slam, gleichzeitig die erste Medaille und der erste Sieg auf höchster Ebene. Bruder Shamil, 27, Olympia- und WM-Bronzemedaillengewinner, der in Tiflis wegen einer Rückenverletzung geschont wurde, war einer der ersten Gratulanten. Wachid Borchashvili im ersten Sieger-Interview.

Vor drei Wochen in Taschkent warst Du Fünfter, hast erstmals um eine Grand-Slam-Medaille gekämpft und verloren. Jetzt, 21 Tage und ein Grand-Slam-Turnier später, hast du Gold um den Hals hängen. Wie sehr kommt dieser Sieg für dich überraschend?

Wachid Borchashvili: „Dass ich ganz vorne mitkämpfen kann, weiß ich spätestens seit Taschkent. Das ist auch mein Anspruch. Ich will Grand-Slam-, EM- und WM-Medaillen. Dass es mit Grand-Slam-Gold so schnell klappt, damit hätte ich vor dem Turnier nicht wirklich gerechnet. Aber ich weiß, was ich kann. Ich trainiere täglich mit einem Top-Mann, der eine Olympia- und WM-Medaille gewonnen hat. Shamil ist für mich athletisch-körperlich der stärkste -81-er-Athlet der Welt. Dass er mein Bruder ist, täglich mehrmals mit mir und Kimran trainiert, ist wie ein Geschenk Gottes, ein echtes Privileg. Meinen Brüdern habe ich extrem viel zu verdanken.“

Was heißt das konkret?

Borchashvili: „Ehrlich gesagt, ohne meine älteren Bruder Kimran hätte ich nicht überlegt, von -90 kg wieder eine Kategorie runterzugehen, in meine angestammte Gewichtsklasse. Er hat mir den Ratschlag gegeben, weil ich gewichtsmäßig – punkto Muskelmasse – einfach nicht über 89 kg gekommen bin. Die Top-Leute -90 kg haben in der Trainingsphase ein paar Kilo mehr.“

Fühlt es sich jetzt in der Kategorie – 81 kg besser für dich an?

Borchashvili: „Kimrans Punkt war richtig: Ich bin einfach zu leicht für oben. Unten kommt meine Schnelligkräftigkeit und meine Technik besser zu Geltung und ich fühle mich jetzt irgendwie besser, stärker. Es tut gut und fühlt sich absolut richtig an.“

Du hast bis jetzt noch nie in einem Wettkampf gegen deinen Bruder Shamil gekämpft. Bei der WM Anfang Mai in Doha könnte es dazu kommen. Was denkst du?

Borchashvili: „Es vergeht kein Trainingstag, an dem nicht über dieses Thema gesprochen wird. Wer aktuell der stärkere ist. Wer am Tag X gewinnen würde. Mein Traum – und auch der von Shamil – wäre, dass wir bei der WM im Finale aufeinandertreffen. Und dann am besten zwei Wochen später, beim Heim-Grand-Prix in Linz, gleich nochmals. Was ich mir von einem Duell gegen ihn erwarte? Shamil ist die Nr. 6 der Welt, er hat bei Großereignissen schon Medaillen geholt. Er ist mein persönlicher WM-Favorit.“

Kommen wir konkret auf den Wettkampftag zu sprechen. Du hast dich in 5 Kämpfen dreimal mit Ippon durchgesetzt, 2 x mit Waza-ari (jeweils im Golden Score). Du warst eigentlich in allen Duellen der stärkere Mann, hast sehr cool und souverän gewirkt. Würdest du diese Beurteilung unterschreiben?

Borchashvili: „Es stimmt, ich war den ganzen Tag über sehr ruhig, habe mich von Anfang an richtig gut gefühlt, war gleich im Rhythmus. Ich musste eigentlich nicht an mein Limit gehen. Erst recht nicht im Semifinale und Finale. Deshalb hat’s da länger gedauert. Ich wollte ja nichts riskieren.“

Du wirst mit dem Sieg 49 Plätze in der Weltrangliste gut machen (aktuell: Rang 83). Was erwartest du dir jetzt für die WM in Doha?

Borchashvili: „Ich habe mich noch nie besser gefühlt, kann’s gar nicht erwarten, bis zur WM in Doha (7. – 14.05.). Rückwirkend habe ich mich nach Taschkent richtig geärgert, die letzten zwei Kämpfe verschenkt zu haben. Ich wollte, dass mir solche taktischen Fehler kein zweites Mal passieren. Dieser Sieg tut meinem Selbstvertrauen richtig gut.“


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